Paris, Stadt des Fechtens:Marie-Louise Frey auf dem Florettmarathon

Dienstag, 09. April 2013 von KP

Marie-Louise, links, in Aktion.

Seit etwa fünf Monaten trainiere ich im tus das Fechten und war nun auf meinem ersten großen, internationalen Turnier, in Paris.
Die Voraussetzung
Das Training in der Ruth-Endress-Halle ist zweimal die Woche, Montag und Freitag. Es erfolgt in Gruppen, wie auch in Einzel Lektionen. In der Gruppe werden die Standard-Bewegungen eingeübt, im Einzel-Unterricht wird an den individuellen Stärken und Schwächen gearbeitet.
Angefangen habe ich bei dem Haupttrainer Herr Haas. Bei ihm wurde ich kontinuierlich in die Fechterwelt eingeführt und lerne die Basis des Fechtens. Gerne erklärte er wieder und wieder und begleitet die Übungen. Das sind oft sehr trockene Sachen, einfache Schrittfolgen oder Übergänge von Haltungen. Ich lernte schnell bei ihm und konnte so auf dieser Basis aufbauen.
Fechten ist ein historischer Sport, mit viel Geschichte und Tradition. Diese Werte werden von den Seniortrainern, Herrn Dr. Schülke und Herrn Schelling, mit Geduld und Liebe vermittelt. Ihr Wissen, Ihre Erfahrung zu Materialkunde, ehemalige Paraden, der Entwicklung des Fechtens in Württemberg und zu Vielem mehr geben sie gerne weiter.
Im Kontrast dazu stehen die strengen Lektionen mit dem Techniktrainer Ilja Kutsyi. In seinem Training schleifen sich die automatisierten Bewegungsabläufe ein, wieder und wieder, „die Beine müssen sich bewegen, wie bei einer Katze“, immer und immer wieder. Dabei bekam der Begriff „Einschleifen“ für mich eine ganz neue Bedeutung.
Nach den Beinbewegungen lernt man die Armbewegungen. Als letztes kommt die Stufe das mentalen Fechten, die „Bewegungen im Kopf“. Hier werden gelehrt Taktiken und Gegneranalyse, Stärken und Schwächen des Gegners erkennen zu können, darauf reagieren und damit spielen zu können. Dies ist der Reiz am Fechten, der den Sport über der körperlichen auch zur intellektuellen Anstrengung werden lässt.
Um dies Alles zu erreichen werde ich jedoch viel im tus trainieren dürfen und versuchen, das scheinbar unerschöpfliche Wissen meiner Trainer zu übernehmen und mir anzueignen.
Der Wettkampf
Grau ist alles Alltagstraining, wirklich bunt wird es erst im Wettkampf.
Der Pariser Fechtverein „Cercle des escrimeurs Parisienne“ veranstaltet jedes Jahr im Februar ein internationales Turnier, das „Marathon Florett“ für Kinder bis 16 Jahre. Im Süden von Paris wird über zwei Tage und in vier Hallen gefochten. Insgesamt mehr als 1.1oo Florettfechter und Florettfechterinnen aus über 4o Nationen treffen sich dort jährlich zum Wettkampf.
Das Turnier hat das Ziel, jungen Fechtern möglichst viele Gefechte zu ermöglichen. Daher wird am Anfang in zwei Runden im „Jeder-gegen-Jeden-System“ um Punkte für die Starter-Reihenfolge gefochten. So kommt man zu vielen Gefechten, Praxis und Erfahrung.
Der zweite Abschnitt erfolgt im „K.O.-System“: wer hier verliert, fährt heim.
Als es soweit war und hieß „jetzt, Fechten“, wusste ich erst mal gar nichts mehr. Ich war nervös, verstand in all dem Chaos und der fremden Sprache nicht viel. Überall junge Fechter, vor allem Franzosen, aber auch Kanadier, Russen, Chinesen, Brasilianer, Polen, Norweger, Spanier, Engländer . . .. Dementsprechend verliefen meine ersten zwei Gefechte auch miserabel.
Außerdem hatten alle Anderen mehr Fecht- und Wettkampferfahrung und waren anfänglich wirklich „unschlagbar“ überlegen. Doch im Laufe der Zeit wurde es besser und ich konnte ein paar schöne Treffer aus der „Degerlocher Schule“ setzen.
Aufgrund dieser Treffer wurde ich, trotz Niederlagen, für das Finale qualifiziert und startete mein einziges Gefecht der K.O.- Runde, gegen ein Mädchen aus Venezuela.
Dieses Gefecht war genial, ich habe zwar 15 : 10 verloren, jedoch viel dabei gelernt.
Meine Gegnerin war mit der Junioren-Nationalmannschaft extra von Venezuela für dieses Turnier gekommen, und sie war wirklich Meisterin im Parieren (Abwehr kombiniert mit Gegenangriff). Sie sicherte sich einen Vorsprung und verkroch sich dann an ihrem Ende der Bahn. Um aufzuholen musste ich angreifen, dabei lief ich ihr fast jedes Mal in die Klinge.
Ich überlegte verschiedenste Taktiken, um an ihrer Parade vorbei zu kommen, doch sie wehrte alle ab und holte sich den Sieg.
In ihrem nächsten Gefecht unterlag jedoch auch sie und durfte ebenfalls nach Hause fahren,
c´est la vie.
Das Erlebnis
Das Erlebnis war genial. Von Paris habe ich leider nichts gesehen, abgesehen vom Bahnhof, der Untergrundbahn und den Turnhallen. Ach ja, und das IBIS Hotel am „Gare de l´Est“.
Aber mein Ziel war ja ein anderes, ich wollte nur Fechten, den 1. Platz abräumen und sonntags mit dem letzten Zug wieder Heim fahren. Dies hatte ich nicht geschafft.
Am Ende belegte ich einen stolzen 88. Platz von 112 Gemeldeten und kehrte sonntags mit dem ersten Zug zurück. Das Wichtigste aber war die Erfahrung, die ich gemacht hatte.
Auf der Rückfahrt überlegte ich, wie es nun weiter gehen sollte, es gab zwei Möglichkeiten:
– aufhören, ich gebe mich als geschlagen und nehme eine Auszeit oder
– weiter trainieren. So lange, bis ich „Venezuela´s Paraden“ überbrücken kann.
Ich habe mich für das „Weiter-trainieren“ entschieden !
Ganz herzlich möchte ich danken meinen Trainern und allen Mitwirkenden.

Mit fechterischem Gruß –)———
Marie-Louise Frey

 

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